„Sag zum Abschied leise „Rückennummer“!“ titelt Mitte September ein Post auf Rennrad-News.de zu den Erneuerungen bei den kommenden RTF. Da wird zur neuen BDR-App geschrieben, über die sich RTF Teilnehmer freuen können, dazu der Wegfall des Punktesammeln und der Rückennummer.
Anmelden für die RTF per BDR-App, Wegfall der Wertungskarte und Ausschildern bleibt
Über die Neuerungen war schon am 21. August eine Mitteilung vom BDR an die Vereine gegangen. Trotz langer Ausführungen blieb wichtiges unbeantwortet, zB was das Ganze für die Veranstalter der RTFs bedeutet. Zumindest ist in der nachgeschobenen Pressemeldung vom 31.08.2022 dann doch das Bezahlen möglich.
Beim lesen habe ich mir vorgestellt, wie 100 Teilnehmer vor dem Tisch der RTF Anmeldung stehen. Hier versucht der Kassenwart mit seinem Handy einen QR-Code vom Handy eines Teilnehmers einzulesen, dahinter stehen zehn Radfahrer, die gerne den altbekannten Zettel ausfüllen möchte und einen 10er rüberreichen. Wenn die neue App auch nur annähernd so floppt wie die Radsport-App vom letzten Jahr, dann ist, nennen wir es mal, Improvisationstalent der Vereine gefragt. Auch bei der Zielankunft wird es spannend. Zeichnet die App die gefahrenen Kilometer selbst auf oder müssen die engagierten Vereinsmitglieder das jedem Radfahrer auf der App bestätigen? Eine Antwort habe ich trotz gezielter Nachfrage vom BDR nicht bekommen.
Pflichtbewusst haben viele Radclub-Manager das Schreiben im August kritiklos verteilt. Kritiklos deshalb, weil angekündigt wird, dass die traditionelle Rückennummer für Wertungskartenbesitzer wegfällt. Bei der nicht weniger werdenden Zahl an schnorrenden Mitfahrer*innen war die fehlende Nummer zumindest ein sichtbarer Indikator um vermeintliche Nichtzahler anzusprechen. Nach dem neuen Regelwerk dürfen die Vereine aber weiterhin Startnummern verteilen, Danke BDR.
„Weil das Freizeitangebot in anderen Branchen immer weiter wächst und an Qualität gewinnt, müssen RTFs oder CTFs und ein Radmarathon ausgeschildert und gekennzeichnet sein“
Auch bei drei Mal lesen erschließt sich mir nicht, was damit gemeint ist. Paradox ist es eine neue App zur Anmeldung bei der RTF entwickeln um modern daherzukommen, aber gleichzeitig weiter zum Ausschildern verpflichten. Tradition? Ja klar, Rückennummer sind altmodisch und unnötig. Die Hunderte Autokilometer für Auf- und Abschildern sind aber gleichzeitig völlig okay? Schildern kostet dabei nicht nur Sprit und viele Stunden der engagierten Helfer, sondern schadet dazu völlig unnötig der Umwelt. Einerseits wird ab 2023 vorausgesetzt, dass die Teilnehmer modern genug sind, sich mit einer App anzumelden. Andererseits sollen die aber keinen Radcomputer mit Navi haben? Wer sich die Mühe macht und lange sucht, wird irgendwann auf den Begriff GPS-RTF stoßen. Eine richtige Definition findet sich dazu nicht, zumindest nicht, wenn man auf der verworrenen Website des BDR keine Schaufel zum Graben dabei hat.
Zur Not könnte das Handy als Routenführung auf den Lenker montiert werden.
Wie wärs, wenn die App gleich die GPX Daten an Bord hat oder besser noch die Strecke zeigt. Supermarkt, Tankstellen und Hotels, was bei richtig großen Veranstaltungen wie Bimbach hilfreich ist. Eine Kooperation mit Komoot und Booking.com würde es auch tun. Zur Krönung noch aktuelle News zur Veranstaltung, die der RTF-Fachwart direkt an die angemeldeten Teilnehmer verteilen kann. Das wäre eine echte Erleichterung und Mehrwert für die Vereine.
Überhaupt sollte viel mehr für die ehrenamtlichen RTF Helfer in den Vereinen von Seiten BDR getan werden. Wenn bei einer RTF ausgeschildert werden muss, warum gibt es keinen Zuschuss vom BDR? Und wenn es den gibt, warum wird darüber nicht in einer Rundmail informiert? Stattdessen bleibt es bei vielen Worten über eine Wunderapp, die den Breitensport revolutionieren soll.
Und dazu kommt, dass Beiträge der Vereine und somit der Mitglieder in die Entwicklung einer eigenen App investiert werden, die es schon gibt. Eine 100% funktionierende Lösung heißt Vereinsticket. Veranstaltung erstellen, Anmelden, Bezahlen, CheckIn, Listen, alles da. Das wäre vom Start weg sofort nutzbar. Ich bin mir sicher, dass hier eine Vereinbarung mit BRD Branding und das Addon für Meldung der gefahrenen KM machbar gewesen wäre.
Die Drohung kommt gleich mit: Vereine die nicht ausschildern wollen, dürfen die RTF nicht RTF nennen.
Insgesamt also eher ernüchternd – wenn diese Kritik erlaubt ist. Derweil waren die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe Radfahren 24 ganz vielversprechend. Nachzulesen hier: https://rnc.rad-net.de/s/fEyJKE4cybK8bgb
Ganz freundliche Worte fand der BDR am Ende der ersten Mitteilung: „Wir sind uns bewusst, dass wir mit der Umstrukturierung einige Sportfreunde wachgerüttelt haben, vor allem diejenigen, die am liebsten nichts verändern würden, weil es ja Arbeit macht. Aber die Welt lebt vom Wandel, sonst würden wir heute noch mit Keulen durch die Gegend laufen.“. Wer sich nicht mit App anmelden möchte, lebt also in der Steinzeit. CO2 für die Beschilderung in die Luft blasen, ist aber zeitgemäß.
Bei so manchen Radsportfreund wird diese Aussage weniger Wachrütteln und mehr Kopfschütteln verursacht haben …

Der Autor: Andi sagt, er wären heute in seinem dritten Rennradleben. Er schreibt für Fachzeitmagazine aus verschiedenen Sportarten und war bis Ende 2021 Resident im Podcast Rennrad-WG von cyclingclaude.de. Am liebsten fährt er mit seinem Giant TCR bergauf. Mehr über Andi …